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Die sieben wichtigsten Trends für die Baubranche 2023

Heute werden digitale Lösungen in der gesamten Wertschöpfungskette des Bauwesens von vielen Beteiligten eingesetzt. Dies ist der Beginn eines großen Wandels in der AEC/O-Branche, da Daten auf neue und innovative Weise genutzt werden. Dieser Trend wird sich fortsetzen.

 

Lesezeit: 7 Minuten

Publiziert am: 17.02.2023

Die sieben wichtigsten Trends für die Baubranche 2023

Nieder mit den Datensilos, hin zum digitalen Gebäude-Ökosystem mit offenen Standards: Dieser Paradigmenwechsel beschäftigt die Bauindustrie seit Jahren. Ebendiese Vision verfolgte Professor Georg Nemetschek bereits bei der Gründung seines Ingenieursbüros im Jahre 1963 – und verwirklicht die Nemetschek Group mit ihren starken Marken heute und in Zukunft.

Nachhaltigkeit umfassend betrachten

Nachhaltigkeit in der Baubranche bedeutet insbesondere, den Lebenszyklus von Bauwerken ganzheitlich und als Kreislauf zu betrachten: Bereits in der Planungsphase kann der CO2-Fußabdruck über den gesamten Lebenszyklus berechnet werden – Bau, Betrieb und Rückbau werden analysiert und optimiert. Datengestützte Workflows auf Basis des Building Information Modelings (BIM) bieten Hilfe bei der Entscheidungsfindung, sorgen für verbesserte Visualisierung, Koordination und Energieeffizienz. Dass die Bauindustrie besonders gefordert sein wird, um die Klimaziele zu erreichen, schlägt sich auch in den Klimazielen der Vereinten Nationen und der Europäischen Union nieder. Hier stehen besonders die Energieeffizienz des Gebäudebestands, der Bedarf an nachhaltigen Bau- und Sanierungsmethoden und -standards, sowie die Reduktion von Abfall und der Wandel hin zu einer kreislauffähigen Wirtschaft im Fokus. Kein Wunder, sind doch Gebäude für 50% des Verbrauchs aller gewonnenen Rohstoffe, 33% des Wasserverbrauchs und 35% der weltweiten Abfälle verantwortlich. International gibt es daher unzählige Initiativen für mehr Nachhaltigkeit, die direkt oder indirekt auch den Bausektor im Fokus haben. So hat Dänemark bereits eine Strategie zur energieeffizienten Renovierung des Gebäudebestands implementiert – und Finnland erarbeitet Maßnahmen zur Förderung der Kreislaufwirtschaft im Bauwesen und reformierte seine Flächennutzungs- und Baugesetze. Doch auch Strategien zum Thema Abfallvermeidung (Schwedens „Vision Zero Waste“) betreffen die ressourcenintensive Baubranche und setzen einen Wandel in Gang. Auch in Deutschland wurden Anfang 2023 die Qualitätsmerkmale für nachhaltiges Bauen erweitert und eine neues staatliches Förderprogramm für nachhaltige Neubauten aufgelegt.

Nachhaltiges Datenmanagement mit BIM

Beim optimalen, nachhaltigen Bauen und insbesondere bei der Sanierung von Bestandsgebäuden müssen viele Kriterien berücksichtigt werden: Reduktion und Vermeidung von Abfall, ressourceneffizienter Einsatz von Baumaterialien, CO2-neutrale Energiegewinnung, Einsatz nachwachsender Rohstoffe, Recycling- und Rückbaufähigkeit der Gebäudekonstruktion, Renovierungskosten und Förderbedingungen, um nur einige zu nennen. Hier sind digitale Arbeitsmethoden auf Basis von BIM nützlich. Wo steht die Planung in Bezug auf Nachhaltigkeit? Was ist der beste Weg, um den ökologischen Fußabdruck eines Immobilienportfolios zu verbessern? Komplexe Fragestellungen können mit Hilfe von BIM Modellen automatisierter und leichter beantwortet werden. Die Modelle reduzieren darüber hinaus Planungsfehler und verbessern Bauabläufen. Ein nachhaltiges Datenmanagement mit BIM hilft der Immobilien- und Bauwirtschaft, ihre Nachhaltigkeitsziele zu erreichen. Und das über alle Leistungsphasen und Gewerke eines Gebäude- oder Infrastrukturprojektes hinweg.

In der Planungs- und Entwurfsphase trägt die modellbasierte Planung dazu bei, dass alle Gebäudekomponenten einfach mit Baumaterialien und deren CO2-Emissionenbemustert werden können und unterschiedliche Konstruktionsvarianten erzeugt werden können. Das ermöglicht umfassende Analysen und Simulationen bevor die Werk- und Montageplanung beginnt. Dabei wird der ökologische Einfluss jeder Gebäudekomponente des gesamten Projekts über ihren Lebenszyklus berechnet. Verbesserungspotentiale werden frühzeitig erkannt und genutzt. Auch innovative Bauverfahren mit hohem Vorfertigungsanteil und modulare Baumethoden können mithilfe von BIM einfacher implementiert werden, da nur eine durchgängige 3D-Modllierung sicherstellt, dass die vorgefertigten Module fehlerfrei geplant und montierte werden.

In der Bauphase liegt der Hauptnutzen von BIM darin, dass alle Projektbeteiligten durch einen gemeinsamen Zugriff auf zentral gelagerte Daten sicher fundierte Entscheidungen treffen können – und so unnötige Nacharbeiten und Fehler verhindert werden. Auch hier sind die Vorfertigung und der Modulbau ein gutes Beispiel aus der Praxis: mit parametrischen BIM-Lösungen lassen sich viele Arbeitsschritte der Detailplanung automatisieren und schnell Konstruktionsvarianten erzeugen. Dadurch lässt sich der Materialverbrauch senken. In Kombination mit einer LEAN-basierten Bauzeitenplanung lassen führt BIM zusätzlich zu einem effizienteren Baustellenmanagement: Anlieferungen können so geplant und getaktet werden, dass Lagerzeiten möglichst gering ausfallen. Die gesamte Baustelle kann zudem papierlos gestaltet werden: Statt großer und häufig unübersichtlicher Pläne können die Teams mithilfe von Tablets arbeiten – und jede*r kann egal von wo und wann auf das BIM-Modell zugreifen und sich einen Überblick über den Status Quo verschaffen. Das schafft nicht nur Synergien erhöht auch die Effizienz: BIM ermöglicht eine transparente und schnelle bidirektionale Kommunikation zwischen Vorfertigung, Baustelle und Büro. Durch den regelmäßigen Abgleich der BIM-Modelle mit Punktewolken werden Qualitätsmängel schnell erkannt und Mängel nachfolgender Gewerke werden vermieden.

Während der Betriebsphase steht besonders die Energieeffizienz im Zentrum der Nachhaltigkeitsbestrebungen. Auch hier kann BIM zur Optimierung eingesetzt werden. Das BIM-Modell wird, falls in geprüfter Qualität verfügbar aus der Planung übernommen oder aus einer Punktewolke und 2D-Plänen rekonstruiert. Es kann in Kombinationen mit Sensordaten der TGA und künstlicher Intelligenz dazu genutzt werden, Wartungen optimal zu planen, Energieverbräuche zu plausibilisieren, und die Flächennutzung des Gebäudes zu optimieren. Auch die bautechnische Zustandsüberwachung von Gebäuden wird zunehmend mit Hilfe von BIM-Modellen dokumentiert.
Ist ein Gebäuderessourcenpass mit dem BIM-Modell verknüpft, liefert das BIM-Modell am Ende des Baulebenszyklus wichtige Daten zum Rückbau und Wiederverwendbarkeit verbauter Materialien und Komponenten. Der BIM-basierte Gebäuderessourcenpass verschafft eine Übersicht, welche Materialien, wo, in welcher Menge und in welcher Qualität verbaut wurden – und ermöglicht so, das abzureißende Gebäude als Rohstofflager für zukünftige Gebäude zu nutzen – ein wichtiger Schritt hin zur Kreislaufwirtschaft in der Baubranche.

Hand in Hand für eine nachhaltigere Baubranche

Building Information Modeling bietet über den gesamten Lebenszyklus eines Gebäude- oder Infrastrukturprojekts große Mehrwerte. Dadurch steigert sich nicht nur die Effizienz und die Qualität der gebauten Welt, sondern auch deren Nachhaltigkeit. Die durchgehende Implementierung von digitalen Arbeitsweisen wie BIM ist notwendig, um die globalen Klimaziele zu erreichen – und den CO2-Fußabdruck des Gebäudesektors signifikant zu senken. Dabei sind alle Projektpartner gefragt, gemeinsam an nachhaltigen und resilienten Städten der Zukunft zu arbeiten.

Automatisierte Planung

Dieses Jahr wird die Baubranche noch mehr auf datengesteuerte Entwurfsautomatisierung und parametrische Modellierung setzen. Die visuelle Programmierung erleichtert es Architekt*innen und Ingenieur*innen ohne Programmier-Kenntnisse, die Automatisierung an ihre Bedürfnisse anzupassen. So werden beispielsweise die automatische Kollisionserkennung, die automatische Generierung von Fertigungs- und Konstruktionszeichnungen und andere Automatisierungsfunktionen in die BIM-Software integriert, was zur Effizienzsteigerung und Fehlerreduzierung beitragen kann. 

Eine automatisierte Planung kann auch dazu beitragen, sich wiederholende Aufgaben innerhalb des Entwurfsprozesses zu reduzieren und erweiterte Workflow-Anforderungen zu erfüllen, wie z. B. Qualitätsprüfungen oder regelbasierte Entwurfsanalysen. Die Abstimmung von CAD- und BIM-Werkzeugen auf den Prozess der Architekt*innen führt zu einer höheren Effizienz im Entwurfsprozess, was besonders wichtig ist, da Planungsbüros ihre Produktivität verbessern wollen.

Vernetztes BIM

Ein Begriff, der sich 2023 durchsetzen wird, ist "Connected BIM". Er beschreibt die Fähigkeit, Daten während des gesamten Lebenszyklus eines Gebäudes oder einer Anlage zu verbinden. Während dies durch OPEN BIM, Cloud Computing und IoT-Sensoren erleichtert wird, bietet Connected BIM die Möglichkeit, Informationen aus verschiedenen Phasen und Quellen des Gebäudelebenszyklus zu analysieren und zu visualisieren, um Erkenntnisse zu gewinnen, bessere Entscheidungen zu treffen und die Gebäudeleistung zu optimieren. Das bezeichnen wir bei Nemetschek auch als Building Lifecycle Management. Für die AEC/O-Branche wird Connected BIM die Informationsübertragung und -integrität verbessern sowie die Fähigkeit, verschiedene Lösungen mit OPEN BIM zu verbinden.

Im Hinblick auf den Betrieb nutzt das Facility Management zunehmend digitale Zwillinge, indem es Sensoren für das Building Lifecycle Management einbezieht. Dies ermöglicht eine Live-Datenüberwachung zur Entscheidungsfindung, insbesondere für den zukünftigen Betrieb und kann Bereiche wie Energieverbrauch, Raumzuweisung, Anlagenleistung, Optimierung der Nutzungseffizienz und Überwachung des baulichen Zustands umfassen. Durch die Verknüpfung von Daten über offene Schnittstellen werden weitere Einblicke ermöglicht und es lassen sich Ableitungen für zukünftige Projekte treffen.

Erweiterte Visualisierungen mit Extended Reality

Technologien der erweiterten Realität (XR) wie VR und AR werden eingesetzt, um die Kommunikation und Zusammenarbeit zwischen den Beteiligten zu verbessern. Mit VR lassen sich beispielsweise virtuelle Begehungen von Gebäuden und Infrastrukturen erstellen, was die Kommunikation zwischen Designer*innen, Ingenieur*innen und Bauunternehmen verbessern kann. AR kann dazu verwendet werden, digitale Informationen über reale Umgebungen zu legen, um die Kommunikation zwischen den Arbeite*innen vor Ort zu verbessern und sie zu schulen.

Darüber hinaus können XR-Technologien zur Verbesserung von Entwurfs- und Bauprozessen eingesetzt werden. Mit VR können beispielsweise virtuelle Modelle und Tests durchgeführt werden, was zur Verringerung von Fehlern und Nacharbeit beitragen kann. AR kann verwendet werden, um auf der Baustelle Echtzeitinformationen wie Bauzeitpläne und Sicherheitsverfahren zur Verfügung zu stellen, was zu mehr Effizienz und Sicherheit beitragen kann.

Das Metaverse ist ein weiterer Bereich, von dem erwartet wird, dass er in diesem Jahr in der AEC/O-Branche mehr Beachtung findet. Als Erweiterung von XR bietet das Metaverse Projektteams eine einzigartige Umgebung für die Zusammenarbeit. Im Gegensatz zur VR, bei der die Benutzenden einen digitalen Zwilling eines Gebäudes erkunden können, zielt das Metaverse darauf ab, eine immersive Erfahrung zu schaffen, die es mehreren Teammitgliedern und Interessenvertretern ermöglicht, mit Hilfe von VR-Ausrüstung mit dem virtuellen Projektmodell zu interagieren. Darüber hinaus bietet es das Potenzial für eine zentrale Projekteinrichtung, in der alle Modelldaten gehostet werden können, um die Zusammenarbeit, die BIM-Koordination und die Visualisierung zu optimieren. Die potenziellen Vorteile des Metaverse sind enorm, so dass wir im Jahr 2023 sicher noch mehr über diese Technologie lesen werden.

Nachhaltiges Bauen

Der Trend zum umweltfreundlichen Bauen wird durch ein wachsendes Bewusstsein für die Umweltauswirkungen von Gebäuden und Bauverfahren sowie durch die Notwendigkeit, den Energieverbrauch und die Treibhausgasemissionen zu reduzieren, vorangetrieben. Derzeit werden fast 40 % aller Kohlenstoffemissionen von der Bauindustrie verursacht, und 20 % aller Materialien werden verschwendet – beides sind alarmierende Zahlen. 

Für das Jahr 2023 werden mehrere wichtige Entwicklungen im Bereich des grünen Bauens erwartet. Niedrigenergiegebäude werden immer beliebter, wobei Energieeinsparungen durch den Einsatz erneuerbarer Energiequellen wie Solar- und Windenergie, energieeffizientes Design und Energiespeichersysteme erzielt werden. Der Einsatz passiver Bauweisen wie beispielsweise natürliche Belüftung und Tageslicht, die zur Senkung des Energieverbrauchs und zur Verbesserung der Luftqualität in Innenräumen beitragen können, werden ebenfalls an Bedeutung gewinnen. Ein weiterer Schwerpunkt wird die Gebäudeleistung und das Gebäudemanagement sein, um eine optimale Energieeffizienz zu erreichen.

Die Zukunft der Baubranche gestalten

Die AEC/O-Branche entwickelt sich ständig weiter und passt sich an neue Technologien und Trends an – auch 2023 wird die Digitalisierung in der Baubranche weiter voranschreiten. Die fortschreitende Verbreitung von BIM und digitalen Zwillingen, der Aufstieg von grünen Bauwerken, Automatisierung und sogar dem Potenzial des Metaversums zeigen, dass sich die Branche auf eine digitalere, datengesteuertere und nachhaltigere Zukunft zubewegt. Durch den Einsatz dieser Technologien können Architekt*innen, Ingenieur*innen und Bauunternehmen effizienter arbeiten, Fehler reduzieren und die Leistung von Gebäuden und Infrastruktur verbessern. Es wird spannend zu sehen, wie sich diese Trends weiterentwickeln und die gebaute Welt im laufenden Jahr beeinflussen.

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Ulrike Beringer

Senior Director Group Communications & Corporate Responsibility

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