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Quo vadis, Digitalisierung?

Die digitale Revolution nimmt an Fahrt auf. Neue Technologien haben das Potenzial, nahezu jede Branche zu verändern. Wie gestalten verschiedene Länder den Übergang in die digitale Welt?

Author

Nemetschek Group
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Die fortschreitende Digitalisierung mitgestalten

Digitaler Unterricht und Meetings per Videokonferenz gehören erst seit der Coronapandemie zu unserem Alltag. Doch digitale Geschäftsmodelle, wie das von Facebook, Google oder auch booking.com sind nicht erst seit vergangenem Jahr ein Trendthema. Die Pandemie ist jedoch ein starker Beschleuniger für die digitale Revolution. Mehr als je zuvor haben neue Technologien wie 3D-Druck, Augmented und Virtual Reality, Sensoren, künstliche Intelligenz, Quantencomputer und Robotik das Potenzial, nahezu jede Branche umfassend zu verändern. Das bietet Unternehmen und Staaten große Möglichkeiten – aber birgt auch Risiken, insbesondere in Regionen, die digital noch schwächer aufgestellt sind als die direkten Nachbarn: Sie haben Schwierigkeiten, die Digitalisierung mitzugestalten und drohen den Anschluss nach oben, aber auch zu den Nachbarstaaten zu verlieren. Dabei wird die Art und Weise, wie die Regierungen den Übergang in die digitale Welt bewältigen und steuern, in den kommenden Jahrzehnten maßgeblich darüber entscheiden, wie wettbewerbsfähig und wohlhabend ihre Länder sein werden.

Einer kürzlich durchgeführten Erhebung des „European Center of Digital Competitiveness“, zu den digitalen Aufsteigern des Jahres, zufolge sind besonders Länder wie Italien, Vietnam, Georgien, Litauen und Ägypten besonders umtriebig, was Initiativen zur Förderung der Digitalisierung angeht. Auch innerhalb der G7, der sieben bedeutendsten Industrienationen der westlichen Welt, sowie innerhalb der erweiterten Gruppe der G20, den wichtigsten Industrie- und Schwellenländern, zeigen sich Unterschiede: Länder wie Kanada, Italien und Frankreich haben sich digital besser aufgestellt und konnten ihre Platzierung im Ranking verbessern, während die USA, Deutschland und das Vereinigte Königreich Plätze im Ranking verloren haben. Und innerhalb der G20 gehören China und Saudi-Arabien zu den größten Aufsteigern, während Nationen wie Russland, Indien und Japan Plätze verlieren.

Länder im Fokus

Das Ranking der Erhebung zeigt: Es sind nicht unbedingt die großen Digitalmächte, wie die USA oder China, die zu den digitalen Aufsteigern gehören, sondern Länder, die eigentlich nicht für Ambitionen im Bereich Digitalisierung bekannt sind. Doch der Schein trügt. Italien lancierte mit der Initiative „Republica Digitale“ die Förderung der digitalen Entwicklung und will die digitalen Kompetenzen seiner Bürger*innen voranbringen. Dazu erfahren italienische Start-Ups genauso Beachtung, wie der Digitalunterricht an Schulen und Universitäten und die Digitalisierung der Verwaltung. Auch Vietnam hat sich selbst die Förderung der digitalen Transformation auferlegt: Mit dem „National Digital Transformation Program 2025“ soll ein Rahmen für eine elektronische Plattform zur Verbindung von Regierung und Unternehmen geschaffen werden und so ein Umfeld für digitale Experimente und Innovation entstehen. Außerdem erreichte das Land ein ambitioniertes Ziel: Bis Ende des Jahres 2020 betrug die Internetabdeckung im südostasiatischen Staat rund 64 Prozent betragen – ausgehend von 0 Prozent Internetabdeckung noch im Jahr 2000.

Ähnliche Ambitionen verfolgt Georgien. Mit der „Social-Economic Development Strategy of Georgia – Georgia 2020” soll ein sozioökonomisches Umfeld zur Förderung des digitalen Ökosystems des Landes geschaffen werden. Darin enthalten: Ein Regierungsbüro für digitale Services, Finanzierungshilfen für Start-Ups aus dem Technologie- und Digitalsektor und die Entwicklung und das Ausrollen einer nationalen Breitbandinitiative zum Netzausbau. Auch im Baltikum werden erhebliche Anstrengungen unternommen, um die Digitalisierung voranzutreiben. Litauen hat sich selbst die „Lithuanian Industry Digitalization Roadmap 2019-2030“ auferlegt, die die Digitalisierungsbemühungen zentral koordinieren soll. Das kleine Land ist übrigens ein Vorreiter im Bereich digitaler Technologie: Die Zentralbank legte bereits 2020 die erste digitale Sammlermünze basierend auf der Technologie der Blockchain auf. Der nächste Schritt: die Förderung von Hochleistungscomputern, die auch z.B. für Kryptowährungen notwendig sind.


Und auch in Ägypten strebt man nach mehr Digitalisierung: Mit der „ICT 2030 Strategy“ wurden und werden Gesetze zur Bekämpfung von Cyberkriminalität, zum Schutz des geistigen Eigentums und zum Daten- und Verbraucherschutz verabschiedet. Das Herzstück der Initiative ist jedoch ein milliardenschweres Infrastrukturprogramm zur Entwicklung einer starken Digitalwirtschaft.

Diese fünf Beispiele zeigen, wie Staaten agieren können, um sich für die digitale Zukunft zu rüsten und den Anschluss nicht zu verpassen. Denn die Treiber der Digitalisierung wie Globalisierung, Automatisierung, Vernetzung, Big Data, das Internet der Dinge, ein verändertes Konsumverhalten und sinkende Transaktionskosten sind nicht auf einzelne Staaten oder Regionen begrenzt, sondern betreffen alle, Bürger*innen, Regierungen und Länder gleichermaßen.

Mehr Digitalisierung wagen?

Die in der Erhebung skizzierten Länder und die fünf genannten Beispiele zeigen: Mit Worten alleine lässt sich die Digitalisierung nicht vorantreiben. Insbesondere die Hemmnisse wie Innovationsträgheit, ein fehlender Blick auf die sich bietenden Chancen, Angst vor Sicherheitslücken und (zu) hohen Kosten lassen sich nur durch sinnvolle Investitionen abbauen. Die erfolgreichen Digitalnationen zeigen, dass staatliches und unternehmerisches Handeln Hand in Hand erfolgen muss, um den digitalen Wandel nicht zu verschlafen. Die digitale Wettbewerbsfähigkeit, gerade im internationalen Vergleich zeigt, welche Maßnahmen einen wirklichen Effekt haben – und welche nur Ausdruck eines guten Willens sind. Nationen wie Kanada, Italien oder auch Litauen eint, dass sie nicht nur ambitionierte Ziele vorgeben, sondern diese auch vorantreiben und sogar beschleunigen. Sei es durch bewusst umfangreiche Regierungsprogramme, staatliche und unternehmerische Leuchtturminitiativen, gesetzliche Rahmenbedingungen oder das Fördern und Fordern von Unternehmertum im Digitalsektor – die Möglichkeiten sind umfangreich und sollten genutzt werden. Damit Europa und die Welt hinsichtlich des Digitalisierungstempos wieder zusammenwachsen – und niemand den Anschluss an die weltweite Spitze verliert.